Ein Sommertörn rund Skagen

Drei Generationen auf Segeltour

21 Häfen, drei Generationen und ganz viel Weite im Herzen: Im Juli 2021 startet Sonja Jansch mit ihrer Tochter Hanne und ihrer zehnjährigen Enkelin Cassandra von Damp aus zu einem vierwöchigen Sommertörn rund Skagen: 885 Seemeilen Familienglück und Segelleidenschaft.

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Text: Iris Büchler, Fotos: Sonja Jansch

„Leinen los“ heißt es am Abend des 6. Juli. Sonjas Schiff – eine Seaquest 36 – ist für den vierwöchigen Törn gut gerüstet, und die drei erfahrenen Seglerinnen sind ein eingespieltes Team. „Ich segle seit meiner Kindheit, und auch Hanne ist von Anfang an dabei. Cassandra, wie ihre Mutter, war schon als Baby an Bord“, erzählt die 69-jährige Sonja.

Auf nach Helgoland!

Die erste Nacht vor Holtenau ist unruhig. Früh morgens geht es durch die Schleuse. Nach „unspektakulärer“ Kanalfahrt machen sie um 17.30 Uhr in Brunsbüt­tel fest und fahren tags darauf zügig weiter bis zum Yachthafen Cuxhaven. Dort gibt es viele freie Plätze, und die Familiencrew nimmt sich Zeit für einen Stadtbummel. Am 8. Juli starten sie mittags gen Helgoland. Weil der Wind aus Nordwest zunächst schwächelt, muss die Maschine zwei Stunden unterstüt­zen. Gegen 19 Uhr finden sie einen Platz im Nordhafen, zum Sonnenuntergang geht es aufs Oberland. Am nächsten Tag: Besuch der Langen Anna, Trottellummen und Basstölpel bewundern, Eis essen und weitere Törnplanung.

„Zusammen mit Hanne und Cassandra zu segeln, ist für mich etwas Besonderes“, betont Sonja. „Ich genieße auch das gemeinsame Spielen und Basteln und unsere Wandertouren an den Hafentagen. Außerdem verstehen Hanne und ich uns beim Segeln wortlos.“ Jede der drei bringt an Bord ihre – teils auch generationsbedingten – Fähigkeiten ein, wie Langstreckensegeln, Leistungssegeln oder Tablet-Skills. „Vier Wochen auf so engem Raum zusammen, da muss man sich natürlich auch mal zurücknehmen. Aber aus meiner Sicht hat das Segeln mit drei Generationen nur Vorteile. Die Zeit als Familie ist toll! Wir spielen zusammen Uno und motivieren uns gegenseitig zu neuen Aktivitäten. Mir machen gemeinsame Segeltörns mit meiner Tochter und Enkelin einfach mehr Spaß.“

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Von Rømø nach Thyborøn

Die Seaquest 36 hat mit 2,25 Meter einen gro­ßen Tiefgang, so fallen viele Nordseehäfen weg. Bis nach Rømø sind es 65 Seemeilen. Dort wan­dern die drei Seglerinnen am breiten Strand und zur Sankt Clemens Kirche. Morgens um kurz vor sechs wirft die Crew am 12. Juli die Lei­nen los. Der Wind weht mit gut fünf Beaufort aus Ost und steht genau auf den Hafen. Einige Segler verkriechen sich lieber wieder in den Kojen. Doch der Wind ist gut segelbar und die drei segeln die 115 nautischen Meilen durch bis Thyborøn. Obwohl der Hafen voll ist, finden sie in der Abenddämmerung einen Liegeplatz.

Leinen los mit Delfinen

„In Thyborøn starten wir am 14. Juli um 7.30 Uhr. Leider kein Hauch Wind. Dafür beobachten wir fünf Delfine bei der Ausfahrt aus dem Limfjord“, notiert Sonja in ihrem Törn-Tagebuch. Sie versuchen es immer mal wieder mit Code Zero, passieren Hanstholm gegen 15 Uhr. Um 21 Uhr zieht dichter Nebel auf, bei zunehmendem Wind. Gegen 1 Uhr sind sie auf der Höhe von Hirtshals. Da die Windvorhersage für die nächsten Tage starken nördlichen bis nordwestlichen Wind für die Nordsee angibt, fahren sie die Nacht durch bis Skagen – 154 nautische Meilen. Nebel, dazu Strom von vorn, da muss die Maschine wieder ran. Auf solchen Nachttörns schläft Cassandra, ansonsten liest sie sehr viel, bastelt und malt, hat ihren Schachcomputer dabei und führt ihr eigenes Bordbuch. Außerdem navigiert sie oft mit, sucht Seekarten raus und hilft beim Wetter-Routing.

Dänemarks Nordspitze

Nach der Ankunft in Skagen erst einmal frühstücken und Siesta, dann eine Wanderung zur Nordspitze von Dänemark. Wie angesagt ist der Starkwind auf der Nordsee geblieben und sie starten bei leichter achterlicher Brise am nächsten Tag nach Læsø. Sonja erzählt: „Natürlich langweilt sich Cassandra auch mal. Aber sie weiß sich auch gut zu beschäftigen, zum Beispiel indem sie mit dem Fernglas die verschiedensten Dinge anpeilt. Ich überprüfe die Werte dann auf dem iPad.“ In Østerby ist der Hafen voll, sie liegen im Päckchen. Geplant sind zwei Hafentage, denn es soll mit sieben Beaufort aus West-Nordwest wehen. „Cassandra nutzt ausgiebig die zwei großen Trampoline am Hafen, und wir machen eine Wanderung zu den Tanghäusern.“

Klettern mit Weitblick

Bei Sonnenschein und leichtem Nordostwind segeln sie weiter nach Vallda Sandø. „Der Hafen ist ziemlich leer, wir gehen an die Gästemole“, erzählt Sonja. Die Umgebung lädt zum Wandern und Klettern auf den Felsen ein. Ein Highlight ist auch die hölzerne Badeplattform direkt am Hafen.

Orientalische Vibes in Schweden

Bei Sonnenschein und leichtem Nordostwind entlang der Küste Richtung Süden geht es weiter nach Varberg. Gleich neben dem Hafen liegt das imposante Kallbadhus, eine 1903 auf Stelzen im Wasser erbaute (Nackt-)Badeanstalt. Von der gleich dahinter gelegenen historischen Festung hat man einen weiten Blick auf das Kattegat. Bei herrlichem Wetter segeln sie weiter zum Stadthafen von Halmstad – der Code Zero ist sieben Stunden oben. Im Zentrum lockt quirliges Leben. Am nächsten Morgen geht es weiter nach Helsingør, wo sie wieder im Päckchen liegen, trotz vieler freier Liegeplätze, die aber selbst für die nur 3,30 Meter breite Seaquest zu schmal sind. Da hilft nur ein großes Eis. Anschließend geht es zum nicht weit entfernten Mittelalter-Schloss Kronborg.

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Wohlfühlatmosphäre in Malmö

Auf der Etappe durch den Øresund nach Malmö ist der Wind oft sehr schwach, maximal zwei bis drei Windstärken aus Süd-Ost bis Süd-West, die Maschine muss helfen. Dann ein kurzer Schreck: „Die Dockan Marina hat genügend freie Plätze. Aber als wir rückwärts anlegen wollen, hängen wir mit dem Ruder fest – obwohl die Logge vier Meter Tiefe anzeigt. Zum Glück kommt unser Schiff schnell wieder frei.“ Die Marina liegt nahe am neuen Stadtteil von Malmö, dessen tolle Atmosphäre die Seglerinnen beeindruckt. Am nächsten Tag segeln sie bei frischem Wind aus Ost nur unter Groß mit zwei Reffs zum Falsterbokanal. Mit der Einla­dung eines Segelfreundes aus Höllviken zu Kaffee, Kuchen sowie einem Spaziergang am Kanal endet der Tag. Dann geht es weiter durch den Kanal und nach Klintholm: Die Flaute bleibt aus, auch der Code Zero ist wieder oben. Hoch am Wind laufen sie am nächsten Tag Richtung Warnemünde und machen nach 50 nautischen Meilen in Hohe Düne fest. Sonjas Tipp: „Wenn man an die Mittelmole geht, ist man gleich auf der quirligeren Warnemünder Seite. Wer lieber mehr Ruhe haben will – zum Beispiel um die Kinder mit dem Schlauchboot im Hafen paddeln zu lassen –, der wählt Hohe Düne.“

Geheimtipp: Baumstriezel mit Softeis

Für die nächsten Tage ist stürmisches Wetter vorhergesagt. Da bietet sich Heiligenhafen für einen Hafentag an. „Kaum festgemacht, stürzen Hanne und Cassandra los und holen Baumstriezel und Softeis“, verrät Sonja. Sie hat noch weitere Tipps: „Ganz nach hinten durchfahren, vor allem wenn man Kinder an Bord hat. Denn auf der Seebrücke ist ein toller Was­serspielplatz, und der nächste Supermarkt ist auch nicht weit.“ Am 29. Juli weht es mit sechs bis sieben Beaufort, in Böen acht, dazu Blitz und Donner. Doch auch die Sonne lässt sich zwischendurch blicken. Sie bleiben im Hafen, spazieren um den Binnensee und Cassandra ist stundenlang beim Wasserspielplatz.

Beim Ablegen am nächsten Nachmittag weht der Wind immer noch mit fünf bis sechs Beaufort, doch er nimmt schnell ab, da hilft nur die Maschine. „Trotzdem ist es bereits zappenduster, als wir Laboe erreichen. Wir kreisen eine Stunde im Yachthafen und finden keinen Liegeplatz. Für den nächsten Tag sind wieder sechs Beaufort aus West angekündigt“, erinnert sich Sonja. So fällt die Entscheidung: „Wir fahren nach Schilksee. Ein Liegeplatz ist dort kein Problem, aber inzwischen ist es weit nach Mitternacht …“ Da hilft ein Hafentag: ausschlafen, schwimmen und eine Wanderung ins Schilkseer Hinterland. „Schilksee hat schöne Strände, einen großen Spielplatz und das nahe Strande eine große Gastronomie-Auswahl!“ Cassandra bewundert das Training der 29er. Am 1. August geht es weiter nach Eckernförde. „Hanne segelt mal wieder alles in Grund und Boden. Lehrstunde für Opti-Seglerin Cassandra: Winddreher!“, heißt es im Törn-Tagebuch. Zum Finale segeln sie mit frischem Wind zum Heimathafen Damp.

Keine Ausreden, einfach machen ...

Nach dem Reiz des Segelns gefragt, schwärmt Sonja: „Man muss sich voll drauf einlassen, dann kann man wunderbar von allem abschal­ten!“ Mutter, Tochter und Enkelin schenkt dieser Törn tolle Erinnerungen – und neue Segel- Pläne. Schließlich heißt das Boot „Si no fos …“ Das ist Katalanisch und bedeutet so viel wie „Keine Ausreden, einfach machen ...“

Landgang

Tolle Muscheldeko
Unzählige Schneckenhäuser und Muschelschalen schmücken Thyborøns „Schneckenhaus“ von innen und außen. Von 1949 bis 1974 verzierte es Fischer Alfred Chr. Pedersen seiner Frau zulie­be mit den fantastischen Dekorationsarbeiten. Adresse: Klitvej 9, 7680 Thyborøn

Dicke Dächer aus Seetang
Das Dach der rund 300 Jahre alten Tanghäuser auf Læsø besteht aus einer teils mehrere Meter dicken, bis auf den Boden reichenden Schicht Seetang. Die rund 4,5 Kilometer lange Tanghausroute startet am Læsø Museum, Linievejen 36, Østerby, 9940 Læsø.

Hamlets Festung
Seit dem 15. Jahrhundert thront das Schloss Kronborg in strategisch wichtiger Position an der Øresundeinfahrt bei Helsingør. Es diente auch als historische Kulisse für William Shakespeares Tragödie „Hamlet“ und wurde 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt.


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