Mehr Schutz fürs Meer

Gemeinsam gegen Mikroplastik im Wasser

In den vergangenen 30 Jahren hat sich der Mikroplastik-Gehalt in unseren Gewässern mehr als verdoppelt. 19 bis 23 Millionen Tonnen Plastikmüll landen weltweit jedes Jahr in Seen, Flüssen und Meeren. Das sind etwa zwei Lkw-Ladungen pro Minute. Mit den Folgen haben alle Wasserlebewesen zu kämpfen – von den Wirbellosen bis zu Walen.

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Die Ergebnisse einer aktuellen Studie, die der World Wide Fund For Nature (WWF) zusammen mit dem Alfred-Wegener-Institut in Bremerha­ven veröffentlicht hat, sind alarmierend. Der WWF fordert daher ein rechtsverbindliches glo­bales Abkommen gegen den Plastikeintrag in die Meere. Segel setzen für den Meeresschutz – das geht am besten, wenn alle mit an Bord sind. Auch wer mit Segelschiff oder Motorboot unterwegs ist, kann einen Beitrag leisten. Wir zeigen, wie.

Willkommen an Bord!

Meeresschutz fängt mit der Packliste an. Denn: Fast alles, was mit an Bord kommt, kommt irgendwann auch mit dem Meerwasser in Berührung. Duschgel, Feuchtigkeitscreme, Son­nenmilch… Gerade für die Körperpflege gibt es viele Produkte, die auf Mikroplastik und gifti­ge Inhaltsstoffe verzichten. In einigen Reisezie­len im Ausland ist es sogar verboten, Sonnen­milch mit umweltschädlichen Inhaltsstoffen zu benutzen. Genannt werden meist Oxybenzon, Octinoxat und Octocylen. Eine gute Alternati­ve zu konventioneller Sonnenmilch kann hier mineralische Sonnencreme sein.

Was für die Körperpflege gilt, gilt auch für Rei­nigungsmittel. Einige Hersteller haben zum Beispiel Waschmittel auf Pflanzenbasis im Angebot: Wurzeln, Schalen und Blätter – alles biologisch abbaubar. Das ist grundsätzlich empfehlenswert, an Bord aber erst recht, denn „am Boot hängt nun einmal keine Kläranla­ge“, so Anna-Lilja Moll. Die Nachhaltigkeitsbe­raterin (Fastforward-Sessions) ist selbst viel auf dem Segelboot unterwegs und hat sich vor der Langfahrt mit Mann und Baby eingehend mit dem Thema beschäftigt.

„Sauberes“ Grauwasser spielt auch beim Abwasch eine Rolle. Umweltbewusste Wasser­sportler setzen daher beim Spülmittel auf Pro­dukte mit ECO-Label oder meeresfreundliche Produkte aus dem Marine-Fachhandel. Wer dar­über hinaus so wenig wie möglich verbraucht, tut auf jeden Fall Gutes. Das gilt natürlich auch für den Wassereinsatz. Übrigens: Geschirr wird auch mit heißem Wasser und etwas Zitrone annehmbar sauber.

Es lohnt sich, auch bei der Kleidung dar­auf zu achten, was unter Deck einen Platz bekommt. Anna-Lilja Moll: „Für Schwerwetter ist Ölzeug unverzichtbar. Aber beim Fahrten­segeln reichen auch Shirt und Pullover aus rei­ner Baumwolle.“ Denn was viele nicht wissen: Mikrofasern und Schadstoffe verstecken sich in vielen Kleidungsstücken, besonders in solchen aus Fleece. Werden die gewaschen oder kom­men anders mit dem Meerwasser in Berührung, können Schadstoffe ausgespült werden.

Müll über Bord!

„Müll über Bord!“ Diese Meldung erfordert ein umgehendes Rettungsmanöver, denn: Müll gehört nicht ins Wasser. Das hat vor allem zwei Gründe: Erstens verschmutzt Müll die Meere – und damit auch unsere Lieblings-Segelreviere. Zweitens kann Müll zur Falle für Meeresbewoh­ner werden. Mal ganz abgesehen davon, dass Plastiktüten, Flaschen und Essensreste auf und im Wasser wenig Lust machen auf einen ent­spannten Schwimmgang beim Ankern.

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Auch ein gutes Müllmanagement beginnt mit der Packliste, denn neben Inhaltsstoffen spielt auch die Verpackung eine Rolle. Außerdem ist jeder Zentime­ter Platz zu wertvoll, um ihn an zukünftigen Müll zu vergeben. In Sachen Körperpflege werden als verpa­ckungsarme Alternativen zum Beispiel Haarseife und Zahnreinigungs-Tabs angeboten. Einen Versuch ist es wert.

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Müllvermeidung ist auch in der Kombüse ein Thema. Frei nach dem Motto „Am besten ist der Müll, der gar nicht erst mit an Bord kommt“, lässt sich nicht nur ein leckerer, sondern auch umweltfreundlicher Spei­seplan zusammenstellen. Zum Beispiel aus trockenen Hülsenfrüchten in Mehrfachverpackungen statt aus Dosenerbsen. Noch besser, als den Müll schon zu Hause zu entsorgen, ist es natürlich, so einzukaufen, dass gar nicht erst welcher produziert wird.

Während Müll also entweder gar nicht erst an Bord kommt oder dort bleiben sollte, können Aussagen wie „Was aus der Natur kommt, schadet ihr auch nicht“ getrost über Bord geworfen werden. Bananenschalen und Co. gehören nicht ins Meer! Orangenschalen brauchen zum Beispiel bis zu drei Jahre, bis sie ver­rotten, Bananenschalen bis zu zwei. Anna-Lilja Moll: „Das Meer ist kein Komposthaufen!“ Auch Zigarettenstummel sind erst nach ein bis fünf Jahren zersetzt und geben währenddessen gif­tige Stoffe ab, die über Speisefische auch den Weg auf unsere Teller finden.

Und wohin mit Toilettenpapier? In einigen Foren finden sich auch hierzu Tipps. Damit im Fäkalien­tank und damit früher oder später auch im Meer keine Papierreste herumschwimmen, empfiehlt ein Segler, benutztes Papier in einem Beutel zu sammeln und später an Land zu entsorgen. „War für mich auch anfangs gewöhnungsbedürftig, geht aber mit ein biss­chen Übung gut“, so sein Kommentar. Die Übung macht eben auch hier den (Meeresschutz-)Meister!

Land in Sicht!

Am Gasthafen festgemacht, kann zunächst der Müll fachgerecht in die Sammelstellen entsorgt werden. Das gilt besonders für Altöle und den Inhalt von Chemietoiletten. Für die Liegezeiten im Hafen sollten letztere zudem eine Pause bekommen. Die Toilettenanlagen in den Häfen kommen in der Regel mit weniger Schadstoffen aus und sind an Kläranlagen angeschlossen.

Kommen wir zur Bootswäsche. Im Großen und Ganzen gelten hier dieselben Regeln wie für den Abwasch unter Deck: Nur so viel Wasser wie notwendig verwenden, nur mit solchen Produk­ten reinigen, die biologisch abbaubar sind und auch nur waschen, wenn es notwendig ist. Gera­de auf Inseln, die Trinkwasser sparen müssen, machen Seglerinnen und Segler sich mit der Bootswäsche bei den Einheimischen ohnehin oft unbeliebt.

Auch beim Auftanken ist besondere Aufmerk­samkeit geboten, denn Benzin bzw. Diesel sind nicht nur Kraftstoffe, sondern auch Gefahr­gut. Der Deutsche Motoryachtverband emp­fiehlt daher unter anderem, vor dem Tanken ein Tankvlies bereitzuhalten. Das kommt zum Ein­satz, sollte doch einmal etwas danebengehen. Wer tankt, sollte sich zudem nicht ablenken las­sen und immer beide Hände nutzen. „Sauberes“ Tanken geht nicht nebenbei!

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In Werft und Winterlager

Zum Abschluss geht´s ins Winterlager – Zeit für Bootspflege und -reparatur. Für die Reinigungs- und Pflegemittel gilt dasselbe wie für Spül- und Waschmittel an Bord: so wenig schadstoffhaltig wie möglich. Auch wer für das Winterlager aus Sorge vor Korrosion und Frostschäden auf eine Restentleerung des Tanks verzichtet und lieber zum Frostschutz­mittel greift, kann sich für eine umweltfreund­liche Variante aus dem marinen Fachhandel entscheiden. Als besonders umweltschädlich gelten hingegen Glykol basierte Mittel.

Ein besonderes Augenmerk verdient das Anti­fouling: Es macht das Boot schnell, schützt es aber auch und sorgt so für eine möglichst lange Lebensdauer. Andererseits enthalten die meisten Antifouling-Anstriche umweltschäd­liche Biozide. Das Kupfer in besonders häufig verwendeten Antifouling-Bioziden ist zum Bei­spiel prinzipiell nicht abbaubar und kann für Sedimentorganismen in Meeren zum Problem werden. Wer sich für ein umweltfreundliches Antifouling entscheidet, muss jedoch unter Umständen damit rechnen, dass der Anstrich nicht so lange hält wie die herkömmliche Vari­ante. Unter Maschine erhöht ein minderwerti­ges Antifouling zudem den Treibstoffverbrauch, sodass dem Wunsch nach einer tatsächlich umweltfreundlichen Lösung aktuell noch Gren­zen gesetzt sind. Hier muss jeder für sich ent­scheiden, welcher Weg der bessere ist.

tipps meeresschutz


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