Das Wetter wird immer „unzuverlässiger“

Text und Fotos: Sebastian Wache, WetterWelt Kiel

Oft stehe ich auf den Stegen und lausche den Gesprächen der Mitsegler. Nicht selten hört man, dass es schon länger nicht mehr den passenden Wind gäbe. Drei bis vier Beaufort aus der „richtigen“ Richtung. So etwas hätte es früher regelmäßig gegeben. Jetzt gäbe es nur noch zwei Extreme: zu wenig Wind oder zu viel!

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Sebastian Wache, Diplom- und Medien-Meteorologe beim NDR. Als Wetter-Rou­ter für Segler bereits tau­sende Meilen im Kielwasser „mitgesegelt“. Selbst ist er aber auch aktiv auf dem Wasser und mit eigenem Boot regelmäßig auf der Kieler Förde und der Ost­see unterwegs.

 

Wenn ich das höre, dann denke ich immer: Naja, ganz falsch ist das nicht, wenngleich weiterhin Phasen da sind, mit denen man gut planen und segeln kann. Dennoch hat sich das Wetter gewandelt. Aber einfach mal der Reihe nach. Zunächst kommt hier die Klimaänderung ins Spiel. Die ist da und unbestritten. Das weltweite Klima ändert sich. In Teilen der Erde mittlerwei­le recht drastisch. So konnten wir letztes Jahr im Mai und Juni über 30 Grad Celsius Lufttem­peratur in der östlichen Ostsee messen, und nur wenige Wochen später hat sich das Wasser dort sogar bis auf 27 Grad Celsius aufgeheizt. Damit war das Wasser sieben Grad wärmer, als es zu der Jahreszeit normalerweise dort der Fall ist. Klingt zunächst nach einem Einzelfall und eigentlich ganz nett, weil es mediterrane Ver­hältnisse sind. Doch erinnern wir uns alle noch lebhaft an das Jahr 2018, wo genau solch eine Wetterlage in der westlichen Ostsee wochen­lang Bestand hatte.

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Der mäandernde Jet

Um zu erfassen, was da los war und in Zukunft auf uns Segler weiterhin zukommen wird, fah­ren wir gedanklich einmal weit nach oben. Zehn Kilometer über unseren Köpfen kreist ein Stark­windband, der sogenannte Jetstream. Einfach gesagt wird dieses Band durch Temperaturge­gensätze zwischen den kalten Polen und den warmen Tropen erzeugt. Je stärker diese Tem­peraturunterschiede sind, desto stärker weht hier der Wind. Und er tut es dabei eigentlich von West nach Ost. Diese Grenze verläuft in etwa auf Höhe der Nord-und Ostsee. Klar, im Norden (Skandinavien) ist es gerne mal kälter als beispielsweise im Süden (Italien). Doch nicht immer ist das Windband so geradlinig von West nach Ost ausgerichtet. Gerade durch die welt­weite Klimaerwärmung ist es nicht mehr so kalt im Norden. Somit werden die Temperatur­gegensätze geringer und der Wind in der Höhe öfter schwächer. Dabei kommt es häufiger dazu, dass der Jetstream Wellenformen einnimmt. Somit wird mit diesen Wellen warme Luft nach Norden getragen, wo sie eigentlich nicht hinge­hört, und kalte dagegen weit nach Süden. Wir sagen dazu, dass der Jet mäandert.

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Extreme werden mehr

Diese Wellenmuster sind tückisch, denn durch sie werden bestimmte Wetterlagen blockiert und liegen so länger an Ort und Stelle. Das för­dert gleichzeitig Wetterextreme. Eines kann da zum Beispiel extreme Trockenheit sein, wenn wir länger unter einer sich nach Norden ausbeulenden Welle liegen. Das fördert auch mehr Schwachwindphasen. Bei viel Sonnenschein und steigenden Temperaturen kann dann nur der küstennahe Seewind für ein wenig Vortrieb sorgen. Liegen wir dagegen in dem absteigenden Ast, so sorgt der Zustrom an kalten Luftmassen aus dem Norden für häufigeren Tiefdruck­einfluss, übermäßige Nässe und meist dabei auch stürmisches Wetter. An den Mai 2021 erinnern sich sicher auch die meisten von uns, der genau unter solch einer Wetterlage litt und absolut kein Wonnemonat war.

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Wetterlagen von Dauer

Und somit ist der Eindruck der Segler korrekt. Es gibt öfter windschwache oder zu windige Phasen. Das sehen wir mittlerweile seit Jahren, und damit müssen wir umgehen. Doch es hat auch seine Vorteile. Denn die Wetterlagen sind nun länger anhaltend. Das macht die Planungen im gewissen Sinne sicherer. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, sollte man hier aber zuverlässige Wetterdaten zur Hand haben. Genau sol­che bieten wir von der WetterWelt im bekannten und beliebten GRIB-Format von der WetterWelt an. Bis auf sechs Seemeilen genau werden solche Wetterlagen exakt erkannt und bis auf eine sehr feine räumliche Auflösung dargestellt, sodass hier auch kleinste regionale Unterschiede im Windfeld erfasst werden.

Ich wünsche allen eine schöne Segelsaison und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel. Dazu immer beste Winde.

Hier geht´s zur 2-Tages-Wetterprognose


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